Schönenberg-Kübelberg Historischer Bierkeller: Jetzt gibt es Führungen und ein eigenes Bier

Hat ein Faible für Historisches: Stefan Bauer von der Verbandsgemeinde Oberes-Glantal (links mit blauer Schiebermütze) führte di
Hat ein Faible für Historisches: Stefan Bauer von der Verbandsgemeinde Oberes-Glantal (links mit blauer Schiebermütze) führte die Gruppen durch den Bierkeller.

„Ein ganz historisches und geschichtsträchtiges Ereignis“ ist es laut Ortsbürgermeister Thomas Wolf: Nach anderthalb Jahren wurde der Bierkeller wieder freigegeben. Und es floss „Schönenberger Kellerbier“.

Mit einer Fördersumme in Höhe von 116.300 Euro aus dem Leader-Programm wurde nicht nur das Sandsteingewölbe wiedererweckt, sondern auch ein Eingangsgebäude erschaffen. Hinzu kommen barrierefreie Waschräume, ein Treppenlift und einige technische Einrichtungen, etwa die Beleuchtung. Das historische Tunnelsystem ist mit reichlich Hinweistafeln mit Erläuterungen und Anschauungsbildern über den Bierkeller sowie Informationen zum Brauhandwerk an sich ausgestattet worden.

270 Meter langes Streckensystem

Bevor am Samstag die ersten Besucher im Gebäudehof der Bahnhofstraße 57c (Eingang zum Bierkeller) allerdings hinabsteigen und in geführten Gruppen durch die Kellerräume laufen durften, hatte der Ortsbürgermeister noch zwei besondere Auftritte. Zunächst stellte Wolf ganz im Stile einer Stewardess die Sicherheitsanweisungen der Öffentlichkeit vor. Wer den Bierkeller betreten möchte, der sollte nämlich die bereitgestellten Überziehschuhe benutzen, da der rote Sandstein in der feuchten Umgebung das Schuhwerk doch stark verschmutzt. Ein Muss sind hygienische Stoffhauben unter dem ebenfalls kostenlos bereitgestellten Bauarbeiterhelm. Teilweise sind die in den Stein gehauenen Gänge nur 1,40 Meter hoch. Daneben informierte Wolf über die beiden Notausgänge. Einer befindet sich am Ende des 270 Meter langen Streckensystems, mit Ausgang in der Bruchstraße – der ursprüngliche Eingang also. Ein zweiter Notausstieg in Treppenform ist bei etwa 30 Metern: Der war früher ein Schacht, um kühlendes Eis einzuführen.

Hinweistafeln geben Infos zum Bierkeller und zum Brauhandwerk.
Hinweistafeln geben Infos zum Bierkeller und zum Brauhandwerk.

Dann durfte Wolf noch das Fassbier anstechen. „Geht etwas zurück, es ist wegen Corona erst mein zweites Mal“, warnte er die Besucher in der ersten Reihe des Festzeltes. Letztlich ging alles gut, keiner wurde verletzt oder nass, und Wolf benötigte auch nur zwei Schläge. Somit war die Verkostung des „Schönenberger Kellerbiers“ freigegeben. Gebraut wird es in Lahnstein, vertrieben von „Weck & Co.“ in Steinbach, die sich auch seit einigen Jahren fürs Kuseler Emrich-Bier verantwortlich zeichnen. Selbstredend kann das Kellerbier auch bei Führungen verkostet werden – und in Schönenberg-Kübelberg kann es laut Wolf an verschiedenen Stellen erworben werden.

Für Schönenberger Brauereien gebaut

Der Bierkeller wurde ursprünglich 1843 für die Schönenberger Brauereien Niergarth, Dexheimer und Schirber sowie ein weiterer 1862 für die Brauerei Damm angelegt. Denn vor der Entwicklung des verbesserten Kältetechnikverfahrens durch Carl von Linde in den 1870er Jahren war man für die untergärige Brauart, beispielsweise Pils oder Export, auf natürliche niedrige Temperaturen angewiesen. Eine Ideallösung für die Lagerung des obergärigen Biers bot sich durch den Bau von Stollen in Berg- und Böschungshängen an. Damals wie heute zeichnen gleichmäßig kühle Temperaturen das Innere des Bierkellers aus.

Ulrike Zimmer (links) und Vera Hartenberger nutzen die besondere Location für ein Selfie.
Ulrike Zimmer (links) und Vera Hartenberger nutzen die besondere Location für ein Selfie.

Die knapp 400 Besucher, die sich am Samstag auch ins Goldene Buch der Gemeinde eintragen durften, waren angetan. „Alles ist sehr informativ aufgebaut, vieles lässt sich über die Tafeln genau nachvollziehen“, lobte Thomas Kronenberger aus Nanzdietschweiler. Lore Göttel kommt ursprünglich aus Mühlbach, wo Jahrhunderte lang Zinnober abgebaut wurde. „Ich bin aber schon 50 Jahre durch meinen Mann hier in Schönenberg-Kübelberg integriert“, schiebt sie schnell hinterher. „Man muss sich mal vor Augen führen, was hier früher alles geleistet wurde, dass das damals alles ohne große technische Hilfe geschaffen wurde, sowohl die Gänge zu bauen, als auch die spätere Handwerksarbeit, die Fässer herumrollen, das Eis einbringen. Das ist schon beeindruckend und geschichtlich natürlich sehr interessant für die Leute von hier – aber sicherlich auch für Auswärtige“, befand sie.

Mutprobe und schaurige Geschichten

„Was Männer so alles für Bier tun“, fassten Ulrike Zimmer und Vera Hartenberger salopp zusammen, während sie den Bierkeller staunend durchliefen. Allerdings: Was tun denn Frauen so alles im Bierkeller? Die Antwort gaben die Freundinnen direkt, als sie sich zu einem Erinnerungs-Selfie aufstellten. „Mein Elternhaus ist ganz in der Nähe vom ursprünglichen Eingang“, berichtete Ulrike Zimmer. „In meiner Jugend war der Zugang schon lange mit Hecken und Dornen zugewuchert. Als Kinder war es unsere Mutprobe: Wer traut sich am weitesten die Treppen hinunter bis zum Eingang?“ Aus dieser Zeit kenne sie bestimmt auch alle schaurigen Geschichten, die es über den Bierkeller gibt. Verena Hartenberger ist vom Ausmaß unter der „normalen Erde“ beeindruckt: „Das ist doch verrückt, welche Größe das hier unten hat. So ein Kulturgut liegt direkt vor beziehungsweise unter der Haustür.“

Nach der Eröffnung wird der Bierkeller jeden ersten Sonntag im Monat zwischen 14 und 17 Uhr geöffnet sein. Für Gruppen bis 20 Personen werden auch außerhalb der Öffnungszeiten Wanderungen durch das Bruch mit einem Besuch im Bierkeller und mit Bierverkostung angeboten. Anmeldungen dazu laufen über die Ortsgemeinde.

270 Meter lang ist das Tunnelsystem des Bierkellers.
270 Meter lang ist das Tunnelsystem des Bierkellers.
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