Landau Ukrainehelfer Erik Schäfer kümmert sich um „vergessene Orte“ des Kriegs

Eine junge Mutter harrt seit zwei Jahren mit ihren Kindern im Dorf Bilopillja aus.
Eine junge Mutter harrt seit zwei Jahren mit ihren Kindern im Dorf Bilopillja aus.

Seit über zwei Jahren überzieht Russland sein Nachbarland mit einem blutigen Krieg – und zuletzt gewann der Aggresor immer mehr die Überhand. Die Belastung für die Zivilbevölkerung wird größer. Deswegen hat es den Landauer Ukrainehelfer Erik Schäfer nach längerer Pause wieder in das Krisengebiet gezogen.

Erik Schäfer hat auf humanitärer Mission Tausende an Kilometern abgerissen. 32-mal war er inzwischen in der Ukraine. Ein Großteil dieser Fahrten hatte er von einem Lager in Polen aus gestartet, wo er sich einige Monate lang eingerichtet hatte. Seitdem er wieder hauptsächlich in Deutschland lebt, ist die Frequenz seiner Fahrten geringer geworden.

Sechs Monate sind seit seinem letzten Besuch vergangen. Derweil war Schäfer aber nicht untätig. Für seinen Verein H.O.P.E. akquiriert der Landauer Partner und Spenden, koordiniert den Transport von Lkw in das Kriegsgebiet. Ein besonderer Coup war vor Kurzem eine Sachspende im Wert von 370.000 Euro. Die Firma Emma überließ Schäfer 3700 Matratzen. Vor Ort half er nun beim Transport nicht nur dieser Großlieferung, sondern auch von Essenspaketen und medizinischen Hilfsgütern. Dabei steuert er mit seinen Partnern solche Dörfer an, die er „vergessene Orte“ nennt. „Das sind Regionen, die zu bestimmten Zeitpunkten des Kriegsverlaufs besonders viel Aufmerksamkeit bekommen haben. Etwa, wenn es da gerade sehr heftige Kampfhandlungen gegeben hat“, erklärt Schäfer. „Dann tummelt sich da für kurze Zeit ein Haufen verschiedener Hilfsorganisationen. Kurze Zeit später knallt es dann an einer anderen Ecke, die Helfer ziehen weiter, aber die Not ist immer noch da.“

Entspannt heißt noch lange nicht sicher

So etwa in dem kleinen Dorf Bilopillja, nordwestlich von Kharkiv gelegen, rund 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernt. Die Lage dort war Ende März, als Schäfer den Ort ansteuern wollte, so angespannt, dass ursprünglich das ukrainische Militär den Konvoi beschützen sollte. Der Grund: starker Artilleriebeschuss auf Stellungen in der Nähe, große Gefahr durch Drohneneinsätze, auch für zivile Fahrzeuge. Die Lage hatte sich glücklicherweise dann leicht entspannt, sodass die Gruppe ohne Unterstützung anreisen durfte.

Das zerstörte Dorf Bilopillja.
Das zerstörte Dorf Bilopillja.

Entspannt heißt in diesem Zusammenhang freilich noch lange nicht sicher. „Wir haben in einem leeren Unigebäude übernachtet, die drei Nachbarhäuser in der direkten Umgebung waren zerstört“, berichtet der 37-Jährige. In einem dieser vernichteten Gebäude hatte ein Mitglied von Schäfers Organisation erst bei seinem jüngsten Besuch genächtigt, nun ist es dem Erdboden gleich. „Natürlich gehen wir da nicht mit einem guten Gefühl schlafen, es war aber in dem Moment die beste Alternative“, erklärt er.

Angst und Anspannung werden größer

Am nächsten Tag verteilte der Lehramtsstudent die Hilfsgüter an die verbliebenen Bewohner. Er erinnert sich besonders an eine junge Mutter mit zwei Kindern. Seit drei Jahren harren die drei in dem umkämpften Gebiet aus. Wie kamen ihm die Menschen vor, die unter dieser Dauerbelastung leben? „Im Prinzip glücklich, gesund, ängstlich, verarmt. Ich habe mit den Kindern gespielt, was die wahnsinnig gefreut hat. Seit zwei Jahren haben die nichts“, erzählt Schäfer. Bei allem Durchhaltevermögen gingen die Menschen in der Ukraine inzwischen aber trotzdem auf dem Zahnfleisch. Und: Angst vor der Eskalation, vor dem nächsten Großangriff, greife um sich. „Man hat das Gefühl, dass etwas in der Luft liegt. Angst und Anspannung werden größer“, so Schäfer.

Die Menschen im Dorf Bilopillja.
Die Menschen im Dorf Bilopillja.

Nach der Station Bilopillja ging es für Schäfer weiter nach Nikopol, danach nach Kherson. Dort verteilte er nicht nur weitere Lieferungen, sondern traf auch Kontaktpersonen, um die weitere Unterstützung zu planen. Längerfristige Pläne sind schwierig, H.O.P.E. hangelt sich von Lieferung zu Lieferung. Der Rückhalt an Geldspenden wird über zwei Jahre nach Kriegsbeginn immer geringer. In Kiew steht das alte Lager nicht mehr zur Verfügung, als Ersatz musste ein teureres her. Schäfer bleibt wie immer optimistisch. „Es wird funktionieren, ich finde immer einen Weg.“

Spendenkonto

H.O.P.E., Iban: DE14 5485 0010 1700 2528 67.

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