Speyer „Speyerer Kameradschaft“ im Kampf gegen NS-Regime

Sabrina Albers
Sabrina Albers

Kommt die Rede auf den deutschen Widerstand gegen die Diktatur der Nationalsozialisten, dann fallen den meisten wohl zuerst die „Weiße Rose“ und die Gruppe um Claus Graf Schenk von Stauffenberg ein. Doch auch in Speyer und Umgebung gab es eine gewisse Anzahl aktiver NS-Gegner. Darüber berichtete Sabrina Albers im Historischen Ratssaal.

Vier Tage bevor Panzer der 10. US-Armee Speyer erreichten, starben am 19. März 1945 der Speyerer Jakob Schultheis und der in Deutschland geborene Pole Stanislaus Peplinski aus Waldsee im Zuchthaus Berlin-Brandenburg unterm Fallbeil. Sie gehörten zur „Speyerer Kameradschaft“, einer Widerstandsgruppe gegen das Nazi-Regime. Sieben andere Mitglieder der Gruppe erhielten langjährigen Zuchthausstrafen. Im gut besuchten Historischen Ratssaal sprach darüber Sabrina Albers.

Die Mitinitiatorin der Aktion „Stolpersteine in Speyer“ blickte darauf zurück bei der im Landesarchiv zu sehenden Stadtarchiv-Serie „Starke Frauen aus 1000 Jahren Pfälzer Geschichte“. Albers nimmt bei der Stadtverwaltung die Stelle für die Koordination der städtischen Bürgerbeteiligung ein und ist für ihr kulturelles wie politisches Engagement bekannt.

Der Kern der Widerstandsgruppe

Der Speyerer Tünchermeister Jakob Schultheis und seine in Altlußheim geborene Ehefrau Emma, die Gründer der Widerstandsgruppe „Speyerer Kameradschaft“, leisteten vom Herbst 1942 bis zur Festnahme im April 1944 aktiven Widerstand. Mit ihrer Tochter Emma Matuszewski, deren Ehemann Stanislaw, dem aus Berghausen stammenden Wilhelm Kreutz, Stanislaus Peplinski und der Waldseerin Elise Rohr bildeten sie den Kern der hiesigen Widerstandsgruppe.

Mit Sach- und Geldspenden unterstützten die Widerstandskämpfer die Familie des Kommunismus-Sympathisanten Ernst Thälmann (1886-1944). Zudem übersetzten sie Nachrichten fremdsprachiger Radiosender und organisierten in der Region die Weitergabe von Informationen an Zwangsarbeiter und polnische wie sowjetische Kriegsgefangene. Die „Speyerer Kameradschaft“ druckte regimekritische Flugblätter und verhalf polnischen Verfolgten zur Flucht in die Schweiz. Viele Angehörige der Vereinigung agierten anonym, sodass wohl nicht alle voneinander wussten.

Bekanntschaft mit Rosa Thälmann

Während einer Reise lernte das Ehepaar Schultheis Rosa Thälmann und ihre Tochter Irma Vester kennen. Durch sie erfuhren die Speyerer, dass die zwei Frauen nach der Verhaftung Ernst Thälmanns finanziell nicht abgesichert waren. So keimte die Idee auf, die Familie Thälmann zu unterstützen. Die Basis für die „Speyerer Kameradschaft“ war gelegt. Emma Schultheis übernahm in der Gruppe eine wichtige Rolle. Sie traf sich regelmäßig mit Rosa Thälmann und übergab ihr dabei die Spenden.

Am 16. April 1944 wurde sie bei einer dieser Übergaben verhaftet. Jakob und Emma Schultheis sowie den Mitstreitern wurde ab dem 9. Februar 1945 in Potsdam der Prozess gemacht. Ihre Tochter war hochschwanger, als man sie in der Isolierzelle des Speyerer Stiftungskrankenhauses inhaftierte, wo sie am 29. Juni 1944 ein Mädchen zur Welt brachte und bis nach dem Einzug der Amerikaner im März 1945 in Haft blieb.

Schultheis-Ehefrau Emma wurde zu zwei Jahren Zuchthaus und Ehrverlust verurteilt. Danach äußerte sie sich: „Mein Mann ist kein Verbrecher. Er ist ein Ehrenmann und wird als Ehrenmann weiterleben.“ Nach ihrer Befreiung durch die Sowjet-Armee barg sie die Urne mit der Asche ihres Gatten und brachte sie mit nach Speyer. Emma Schultheis starb 1978 in Speyer. Sie und die Urne ihres Mannes fanden in einem Ehrengrab des Hauptfriedhofs die letzte Ruhe. Vor ihrem Wohnhaus in der Neuland-Straße „Im Lenhart“ verweist ein Stolperstein auf das „Kameradschaft“-Ehepaar.

Ernst Thälmann
Ernst Thälmann
Claus Graf Schenk von Stauffenberg
Claus Graf Schenk von Stauffenberg
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